Als A11-Quartier wird die etwa 4800 m² große Fläche zwischen Hansering, Roßmühlenstraße, Brüggstraße und Kuhstraße bezeichnet. Dort soll die WVG Wohnungen mit gehobener Qualität und Parkplätze schaffen. Leider gelingt es der WVG offenbar nicht das Projekt so umzusetzen, dass die rechnerisch notwendige Miete den ortsüblichen Rahmen einhält. Damit sich das Bauprojekt in angemessener Zeit selbst finanziert, rechnet die WVG mit 12 Euro Miete (kalt) pro Quadratmeter und kalkuliert dass dieser Mietzins bis 2040 auf 17,48 Euro gesteigert werden müsste. Weil diese Mieten aber niemand bezahlen wird, ist mit einem Verlust zu rechnen.
Eine zunächst nichtöffentliche Vorlage der Verwaltung zu diesem Thema sollte am 17. Und 18. Oktober Finanz- und Bauausschuss diskutiert werden. Final abgestimmt wird diese Vorlage schließlich am 10.11.2016 in der Bürgerschaft. Sowohl der Finanz- als auch der Bauausschuss haben sich jedoch dazu entschieden, die Vorlage öffentlich zu behandeln. Das ist absolut richtig, denn bei derartig hohen Investitionssummen besteht ein erhöhtes öffentliches Interesse. Bereits jetzt sind ca. 3,9 Millionen Euro in das Projekt geflossen.
Die Vorlage selbst ist trotzdem (noch?) nicht öffentlich im Ratsinformationssystem einsehbar. Aus ihr geht hervor, dass die Verwaltung gegenwärtig vier Szenarien für die weitere Entwicklung sieht:
- Der Kaufvertrag über das Grundstück wird rückabgewickelt, das Grundstück (ca. 700.000 Euro) gehört dann wieder der Stadt und diese kann relativ frei darüber verfügen.
- Das Grundstück wird mit oder ohne die erfolgten Planungen an einen Investor verkauft. Hier besteht die Chance einen Teil der bisher investierten 3,9 Millionen Euro wieder einzunehmen.
- Die WVG zieht die Sache durch und baut. Dann muss sie jedoch tief in die eigene Tasche greifen, da sie die berechneten Mieten nicht erzielen kann.
Wieso ist das so teuer?
Die Grundfrage sollte jedoch sein, weshalb die im A11-Gebiet WVG nicht kostendeckend bauen kann. Die Miete in einem Neubauprojekt setzt sich aus der Investition und den vom Eigentümer zu tragenden Betriebs- und Unterhaltungskosten zusammen. Bei den meisten Projekten soll natürlich auch noch Gewinn erzielt werden. Diese Summe soll letztlich über einen bestimmten Zeitraum (z. B. 30 Jahre) durch Mieten eingenommen werden.
Diverse Positionen der Baukosten sind hierbei für das Projekt A11 bekannt. So wurde das Grundstück für etwa 700.000 Euro von der Stadt an die WVG verkauft. Archäologische Ausgrabungen sollen etwa eine Million Euro zusätzlich gekostet haben. Doch diese beiden außergewöhnlichen Faktoren reichen nicht aus, um die Kostenexplosion zu erklären. Insgesamt soll das Projekt etwa 25,2 Millionen Euro kosten. Wenn man nun Archäologie und den hohen Grundstückspreis zusammen mit 1,5 Millionen Euro ansetzt, erklärt das jedoch nur 6 % der Gesamtkosten. Selbst wenn man 10 Euro Kaltmiete als Maßstab nähme, überstiegen die berechneten 12,00 Euro mitsamt der saftigen Steigerung auf 17,48 Euro jedoch diese Schmerzgrenze.
Als Erklärung werden weiterhin gestiegene Baukosten (Material und Arbeit) sowie höhere Baustandards angeführt. Insbesondere die Energieeinsparverordnung (EnEV) soll ein Preistreiber sein – andererseits sollte sich Energieeinsparung ja bei der Warmmiete wiederum lindernd auswirken.
Selbstverständlich gibt es Untersuchungen zur Frage der Baukosten. In diesen sind Effekte der EnEV auch bereits integriert und mit 2-5 % an den Kostengruppen 300 und 400 geschätzt. In diesen Untersuchungen werden die Kosten üblicherweise in einen Quadratmeterbaupreis umgelegt. Dieser hängt natürlich stark von den Baustandards ab, übersteigt jedoch selten einen Wert von mehr als 2500 Euro pro Quadratmeter. Bei den 95 geplanten Wohnungen kalkuliert die WVG jedoch 3382 Euro pro Quadratmeter– erneut stellt sich die Frage: Woher kommen diese immensen Preisentwicklungen? Die WVG gegenüber der Bürgerschaft erklären, wie es dazu kommt. Andernfalls entsteht der Eindruck, dass die WVG nicht kosteneffizient bauen kann.
Dass es anders geht, hat die WGG gezeigt: Ihre 2015 fertiggestellten Wohnungen in der Feldstraße soll man für 7,50 Euro pro Quadratmeter mieten können.
Eine Frage drängt sich außerdem auf: Wenn die WVG womöglich größere Bauprojekte nicht wunschgemäß umsetzen kann, sollte sie dann tatsächlich Zugriff auf Teile des B-Plan 55 (Hafenstraße) erhalten?
Die beiden Grafiken stammen aus einer im Bauausschuss gezeigten Präsentation, die man vollständig im Ratsinformationssystem unter der Vorlagennumer 06/640.2 finden kann.